Stellungnahme zur Stellungnahme: Warum ich gegen den Rückbau von Parkplätzen in der Lindenstraße bin

In der letzten Stadtverordnetenversammlung vom 20. Februar 2023 stand eine Beschlussvorlage der Verwaltung auf der Tagesordnung. Beschlossen werden sollte der grundhafte Ausbau der stark sanierungsbedürftigen Lindenstraße in Oranienburg. Während der Sitzung beantragte ich, die Beschlussvorlage zur erneuten Diskussion und Überarbeitung in den Bauausschuss zurückzuverweisen. Diesem Antrag wurde mehrheitlich gefolgt.

Grund meines Antrages war, dass die Beschlussvorlage der Verwaltung vorsah, im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen alle 25 Parkplätze in der Lindenstraße zurückzubauen und zudem eine Einbahnstraßenregelung in Richtung Bahnhof/Stralsunder Straße zu etablieren (siehe oranger Pfeil in der Karte unten). Dabei handelt es sich bereits jetzt um ein Gebiet mit erhöhter Verkehrsbelastung und erheblichem Parkdruck.

Ausschnitt aus der Planzeichnung: So soll die Lindenstraße nach der Sanierung aussehen
(Zeichnung: Beissert und Hengge Landschaftsarchitekten)

In einer Stellungnahme des Klimabeirates vom gestrigen Tage heißt es nun, die Ablehnung [Tatsächlich: Rücküberweisung] der Beschlussvorlage 1107/2022 sei „befremdlich“. So müsse entsprechend des Klimaschutzkonzeptes die „Versiegelung reduziert“ und die „Attraktivität für den motorisierten Individualverkehr verringert“ werden – und dies erfordere die „Reduktion von Parkraum für PKW“.

Ich teile die Einschätzung des Klimabeirates nicht und möchte die Gründe im Weiteren etwas erläutern.

Die Lindenstraße befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof und dem dazugehörigen Park-and-Ride-Parkplatz. Beide erfreuen sich glücklicherweise einer steigenden Beliebtheit. So hat nicht nur die Zahl der Bahnfahrgäste allgemein kontinuierlich zugenommen, sondern auch die Zahl der Pendler, die ihren PKW am Bahnhof abstellen und mit dem ÖPNV nach Berlin fahren. So musste der Park-and-Ride-Parkplatz bereits einmal erweitert werden und ist zu den Stoßzeiten nicht selten komplett ausgelastet. Zusätzlich verschärft wurde die Auslastung durch einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom Dezember 2020 (den ich für falsch halte, zu dem ich mich aber enthalten habe, da ich persönlich selbst in dem betroffenen Gebiet wohne, siehe Hinweis unten), der das Anwohnerparken in der Stralsunder Straße, der Schulstraße und Lehnitzstraße (in der Karte grün markiert) aufgehoben und damit bewirkt hat, dass auch Anwohner vermehrt auf den Park-and-Ride-Parkplatz ausweichen müssen.

Kartenausschnitt des betroffenen Gebiets, Lindenstraße hier mit orangem Pfeil gekennzeichnet.
(Quelle: OpenStreetMap, zusätzliche Markierungen durch den Autor)

Spiel mit Zahlen

Der Klimabeirat hingegen kritisiert in seiner Stellungnahme, dass zwischen 2014 und 2019 die Zahl der Parkplätze von 2.246 auf 2.407 (+7,1%) zugenommen habe. Diese Zahlen stammen aus einem unabhängigen, von der Stadt 2019 extern beauftragten Gutachten.

Tatsächlich bezieht sich die vom Klimabeirat genannte Zahl aber nur auf die Stellplätze in Sammelanlagen, nicht jedoch auf die Zahl der Stellplätze im öffentlichen Verkehrsraum. Deren Zahl hat sich nämlich zwischen 2014 und 2019 von 561 auf 445 verringert (-20,7%). Betrachtet man die Zahlen noch genauer, so fällt auf, dass vor allem die Zahl der nutzerbeschränkten Parkplätze, also Mieter- und Firmenparkplätze, die von der Allgemeinheit nicht genutzt werden können (in der Karte gelb markiert), massiv gestiegen ist (von 748 auf 955; +27,7%). Die Zahl der nicht nutzerbeschränkten Parkplätze hingegen ist sogar gesunken: von 1.498 auf 1.452 (-3,1%). Im gleichen Zeitraum ist die Bevölkerung Oranienburgs allerdings um 4,6% gewachsen. (Vgl. LK Argus: Zweite Evaluierung der Parkraumbewirtschaftung in der Innenstadt vom 17. Januar 2020, S. 7f.)

Besonders dramatisch war diese Entwicklung im näheren Umfeld des Bahnhofs. Bereits für das Jahr 2019 vermerkte der von der Stadt extern beauftragte Evaluationsbericht:

„Die Belegung des Parkraums ist ungleichmäßig auf den Straßenraum verteilt. Es gibt einzelne Straßenabschnitte, die eine hohe oder sehr hohe Belegung aufweisen oder wo die Parkraumnachfrage nicht mehr legal mit den vorhandenen Abstellständen abdeckbar ist. Dies betrifft vor allem innerhalb der Parkzone Ost Bereiche der […] Mittelstraße, Schulstraße, Willy-Brandt-Straße, […] und Lehnitzstraße sowie die außerhalb der Parkzone Ost liegende Lindenstraße [und] Teile des Lindenrings […]“. (Evaluationsbericht, S. 10. Hervorhebung durch den Autor.)

Und weiter:

„Demnach sind die Belegungsgrade werktags um 11 Uhr im Vergleich zu 2017 um 8 % im Straßenraum gestiegen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass 2019 15 % weniger Abstellstände im Straßenraum zur Verfügung standen. In den Sammelanlagen sowie insgesamt ist der Belegungsgrad nahezu gleichgeblieben. Im Vergleich zu 2014 ist der Belegungsgrad des Straßenraums um 12 % angestiegen und insgesamt um 7 %“ (Evaluationsbericht, S. 12)

Für die Lindenstraße gab der Evaluationsbericht die Parkraumauslastung mit 100% an und empfahl ebenso wie bereits 2017 die „Errichtung zusätzlicher Stellplätze im Zuge des geplanten Straßenausbaus der Lindenstraße“ (S. 24).

Aber auch die geplante Einführung einer Einbahnstraßenregelung sehe ich kritisch. So ist die Stralsunder Straße bereits jetzt gerade im Bereich des Bahnhofs und Fahrradparkhauses sehr beengt (siehe rosa Markierung) und stark vom Verkehr frequentiert. Über die Willy-Brandt-Straße und die Schulstraße (die wiederum als Einbahnstraße nur in die Willy-Brandt-Straße führt, siehe blauer Pfeil) wird Verkehr in die Stralsunder Straße eingeleitet, der sich bereits jetzt nicht selten von der Bernauer Kreuzung bis zum Bahnhof zurückstaut. Ein Ausweichen auf die weniger befahrene Lehnitzstraße wäre dann nur noch durch das Wohngebiet über die Krebststraße möglich, die aber selbst sehr beengt ist. Statt den Verkehr zügig abzuleiten, droht dieser noch stärker in die Innenstadt gelenkt zu werden. Auch dies ist letztlich geeignet, die Attraktivität des Park-and-Ride-Angebots zu verringern und einen Umstieg auf den ÖPNV zu erschweren.

Ideologie und Wirklichkeit

Baudezernent Frank Oltersdorf brachte es auf den Punkt, als er in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung bemerkte, dass hier „unterschiedliche Ideologien aufeinandertreffen“. Nur ist bloße Ideologie statt Fakten selten ein guter Ratgeber.

Oranienburg ist ein Mittelzentrum an der Nahtstelle zum ländlichen Raum und damit eine der wichtigsten Anschlusspunkte an den öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr. Flächenmäßig ist unsere Stadt so groß, wie die Berliner Bezirke Pankow, Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg zusammen – nur fährt hier eben keine U-Bahn, keine Tram und auch kein Nachtbus. Solange die Ortsteile und umliegenden Dörfern bestenfalls stündlich, zumeist noch deutlich schlechter und in den Abendstunden gar nicht angebunden sind, werden Menschen auch weiterhin auf den motorisierten Individualverkehr angewiesen sein. Die Frage ist nur, ob sie mit ihrem PKW nur die fünf bis zehn Kilometer zur S-Bahn nach Oranienburg fahren, oder die vollen 30 bis 40 Kilometer nach Berlin. Ebenso dürfte es dem Klima kaum zuträglich sein, wenn Anwohner auf der Suche nach einem Parkplatz mehrmals um den Block kreisen. Solange den Menschen kein adäquates ÖPNV-Angebot gemacht wird, werden diese kaum auf ihr Auto verzichten (können). Mangels Alternativen verkäme eine solche Verkehrspolitik zur bloßen Gängelei und droht gesellschaftliche Akzeptanz für wichtige Klimaschutzmaßnahmen zu verspielen.

Ausschnitt aus der Starkregenkarte, Darstellung der maximalen Überflutung (Quelle: Hydrotec Aachen)

Auch der Verweis auf die Starkregengefahr trägt im vorliegenden Fall nicht. Zum einen schließt der grundhafte Ausbau der Lindenstraße die Einrichtung von Versickerungsflächen keineswegs aus. Zum anderen zählt die Lindenstraße gemäß der Starkregenkarte der Stadt Oranienburg gerade nicht zu jenen besonders gefährdeten Flächen.

Selbst wenn der Rückbau der Lindenstraße einen positiven Effekt auf das Klima hätte, stünde dieses Ziel nicht über allen anderen. Wie der Klimabeirat zutreffend bemerkt, sollen diese Aspekte „mitgedacht“ und „berücksichtigt“ werden, aber nicht alle anderen legitimen Interessen aufwiegen. Vielmehr muss es darum gehen, die vielfältigen Bedürfnisse zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen.

Dies kann beispielsweise konkret bedeuten, dass der Parkstreifen künftig (anders als bisher) nur geringfügig versiegelt wird. Auch in unmittelbarer Nähe zur Lindenstraße bieten sich andere, zum Teil weit wirkungsvollere Maßnahmen zum Klimaschutz an – wie etwa die Installation von Photovoltaikanlagen auf dem Park-and-Ride-Parkplatz oder die Begrünung des Bahnhofsvorplatzes. Für beide Maßnahmen liegen inzwischen Anträge vor. Bereits im letzten Jahr hat die Stadtverordnetenversammlung auf meinen gemeinsam mit den Grünen gestellten Antrag hin beschlossen, zusätzliche Haushaltsmittel zur Begrünung von Freiflächen in der Kernstadt bereitzustellen. Dies sind sicht- und spürbare Maßnahmen, die mit Sicherheit auf eine weitaus größere Akzeptanz bei den Anwohnern und Pendlern stoßen, als die weitere Verknappung von dringend benötigtem Parkraum.

Weitere Informationen: Parken in Oranienburg : Stadt will Parkplätze abbauen – Auto gegen Klimaschutz? (Oranienburger Generalanzeiger vom 21. Februar 2023)

Transparenzhinweis: Der Autor wohnt selbst im näheren Umfeld des Bahnhofs und ist als Pendler selbst von der angespannten Parkplatzsituation betroffen.

Stellenbesetzungsverfahren in der Holding: Aus alten Fehlern nichts gelernt?

Im vergangenen Jahr legte der Untersuchungsausschuss zur Oranienburg Holding seinen Abschlussbericht vor. Bemängelt wurde dort unter anderem, dass das Besetzungsverfahren für die Stelle des Holding-Geschäftsführers intransparent und insgesamt nicht fair verlaufen sei.

Nachdem die Stadtverordnetenversammlung von Oranienburg die vorzeitige Abberufung des bisherigen Holding-Geschäftsführers beschlossen hatte, laufen derzeit die Auswahlverfahren für dessen Nachfolge.

Fraglich ist jedoch, ob die vom Untersuchungsausschuss geforderten hohen Standards bei Stellenbesetzungsverfahren hierbei eingehalten werden können. Zwar hatten die Stadtverordneten diesmal ein externes Headhunter-Unternehmen mit der Betreuung des Verfahrens betraut. Ein Stellenbesetzungsgremium der Stadtverordnetenversammlung sollte an der Vorauswahl der Bewerber beteiligt werden.

Jenes Gremium setzt sich aus dem Bürgermeister, der Aufsichtsratsvorsitzenden , dem Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung sowie des Hauptausschusses sowie den Fraktionsvorsitzenden zusammen. Die restlichen Stadtverordneten bleiben außen vor. Sie dürfen – nach Angaben der Stadtverwaltung aus datenschutzrechtlichen Gründen – auch nicht von ihren Vertretern über die einzelnen Bewerbungen informiert werden. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass die Stadt selbst es mit ihren Regeln zum Datenschutz offenbar nicht allzu genau nahm und zwischenzeitlich versehentlich die Informationen über die Bewerber über das Ratssystem allen Stadtverordneten zur Verfügung gestellt hatte. Nachdem der Fehler in der Verwaltung aufgefallen war, wurden die Dokumente eilig wieder entfernt.

Der Stadtverordnete Thomas Ney zeigt sich unzufrieden mit dem bisherigen Ablauf des Verfahrens.

„Es ist unverständlich, warum die Verwaltung den Stadtverordneten nicht zumindest anonymisierte Informationen über die Bewerber zur Verfügung stellen kann, damit diese sich – ohne Kenntnis der konkreten Person – ein Bild vom Bewerberfeld machen können“, bemängelt Ney.

Ebenso unbefriedigend findet Ney, dass die Stadtverordneten gewissermaßen blind dem Urteil der jeweiligen Fraktionsvorsitzenden vertrauen müssten. Ähnlich hatte sich zuvor bereits Ralph Bujok, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei, geäußert. Dieser hatte einzelnen Fraktionen zudem eine Kungelei und Vorfestlegungen vorgeworfen.

So weit möchte der Pirat Thomas Ney zwar nicht gehen. „Das gegenwärtige Verfahren ist aber zumindest geeignet, Misstrauen in Bezug auf die Personalentscheidungen zu sähen. Der dringend nötige Neuanfang in den städtischen Unternehmen werde somit gefährdet“, findet Ney. Die Stadtverordneten hätten somit keine Möglichkeit zu prüfen, ob aus den rund 150 Bewerbungen wirklich die geeignetsten in die Vorauswahl der 20 Kandidaten kämen, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen würden. „Das ist zumindest unglücklich gelaufen und hier sollte dringend nachgebessert werden“, fordert Ney.

Korrektur: In einer vorherigen Version des Beitrags hieß es, über das Ratsinformationssystem seien Unterlagen nicht nur für Stadtverordnete, sondern auch für sachkundige Einwohner einsehbar gewesen. Tatsächlich ist uns aber kein Fall bekannt, in dem ein sachkundiger Einwohner die hinterlegten Dokumente tatsächich einsehen konnte.

Hilfe für die Ukraine

Wir alle sind erschüttert von dem russischen Angriffskrieg gegen die unabhängige Ukraine und das grenzenlose Leid der Zivilbevölkerung, welches das Putin-Regime über sein Nachbarland bringt. Gleichzeitig wollen auch in Oranienburg viele Menschen helfen. Die Piratenpartei unterstützt daher gemeinsam mit dem Oranienwerk die Menschen in der Ukraine, indem wir Hilfsgüter sammeln und an die Grenze bringen.

Wer die gemeiname Aktion unterstützen will, findet auf der Webseite Ukrainehilfe-Oranienburg.de alle wichtigen Informationen. Alle Formen der Unterstützung sind erwünscht. Sachspenden können täglich im Oranienwerk abgegeben werden. Bitte beachtet aber vorher die Liste an Dingen, die wir aktuell benötigen oder explizit nicht benötigen, um unsere Logistik nicht zu überfordern. Gerne könnt ihr benötigte Güter auch online bestellen und direkt an das Oranienwerk, z. Hd. Thomas Schenk, Kremmener Str. 43, 16515 Oranienburg schicken.

Gerne nehmen wir auch tatkräftige Unterstützung beim Entgegennehmen, Sortieren und Verpacken, sowie als Fahrer an die polnisch-ukrainische Grenze an. Wer Unterkünfte hat, in denen wir für ein paar Tage aufgegabelte Flüchtlinge unterbringen können, bis die Formalien geklärt sind, darf sich auch gerne bei uns melden.

Eine Möglichkeit, uns auch finanziell zu unterstützen, wird aktuell noch eingerichtet. Gerne könnt ihr aber auch andere Organisationen unterstützen, die direkt vor Ort helfen. Wir empfehlen bspw. die Organisation Libereco/Vostok SOS. Weitere vertrauenswürdige Organisationen und Initiativen findet ihr auf der Seite Ukraine verstehen.

Gemeinsam wollen wir helfen, das Leid der Menschen in der Ukraine zu lindern.

Melderegisterauskünfte 2021: Das kosten die Daten der Oranienburger

Die Stadt Oranienburg hat im Jahr 2021 mindestens 2.500 gebührenpflichtige Auskünfte aus dem Melderegister der Stadt erteilt. Das entspricht statistisch etwa den Daten von jedem sechzehnten erwachsenen Einwohner Oranienburgs. Insgesamt wurden hierauf Gebühren im Umfang von rund 24.500 Euro erhoben. „Hier handelt es sich zum überwiegenden Teil um Auskünfte zu gewerblichen Zwecken“, wie die Stadt auf Anfrage der Piratenpartei mitteilte. Die genaue Anzahl gewerblicher Anfragen wurde nicht genannt.

Aus Sicht der Piratenpartei ist die hohe Anzahl an Datenweitergaben problematisch. „Für die Betroffenen bedeutet das zumeist zusätzliche Werbung im Briefkasten“, gibt Thomas Ney, Stadtverordneter der Piraten kritisch zu bedenken.

Bei Melderegisterauskünften handelt es sich um Daten aus dem Einwohnerverzeichnis der Stadt, welche auf Grundlage des Bundesmeldegesetzes (BMG) zu verschiedenen Zwecken mitgeteilt werden. Hierzu zählen bspw. die Veröffentlichung von Alters- oder Ehejubiläen in Zeitungen, Wahlwerbung von politischen Parteien, Mitglieder- und Angehörigenauskünfte an Religionsgemeinschaften oder sonstige gewerbliche Zwecke. Die Datensätze einer einfachen Meldeauskunft umfassen üblicherweise Name, Doktortitel und Anschriften einer Person, sowie in einigen Fällen Hochzeits- und Geburtsdaten. Erweiterte Melderegisterauszüge sind in der Regel umfangreicher und dürfen nur in besonderen Fällen erteilt werden. Dies war im vergangenen Jahr 90 mal der Fall.

Im Wahljahr wurden zudem die Daten von 1.739 Personen an politische Parteien zum Zwecke der Wahlwerbung übermittelt und hierfür Gebühren in Höhe von 447,90 Euro erhoben. Dies entspricht rechnerisch etwa 0,26 Euro pro Person. Hierbei ist es sogar möglich, gezielt bestimmte Alterskohorten abzufragen, etwa um Werbung speziell an Erstwähler oder Senioren zu versenden. Welche zwei Parteien die Daten abgefragt haben, wurde nicht mitgeteilt. Die Piratenpartei macht von der Möglichkeit des Melderegisterauszugs aus Datenschutzgründen keinen Gebrauch.

„Wir finden es bedauerlich, dass es offenbar auch bei politischen Parteien Begehrlichkeiten nach den Daten unserer Bürger gibt. Vielmehr sollte sich die Politik um deren Schutz bemühen“, findet Ney.

Nach Weitergabe der Daten hat die Stadt technisch und rechtlich keinerlei Möglichkeit zu überprüfen, ob die Daten ausschließlich für den angegebenen Zweck verwendet und danach gelöscht werden. „Dennoch weisen wir im Rahmen der Auskunftserteilung stets schriftlich darauf hin, dass die übermittelten Daten nur für die Zwecke verarbeitet werden dürfen, zu deren Erfüllung sie übermittelt wurden und anschließend zu löschen sind. Jede Melderegisterauskunft beinhaltet einen entsprechenden Hinweis dazu“, teilte die Stadt mit.

„Die Stadt kann nicht effektiv sicherstellen, was mit den Daten passiert. Deshalb fordern wir die Verwaltung auf, die Vorgaben des Bundesmeldegesetzes bei der Datenauskunft möglichst restriktiv anzuwenden. Darüber hinaus sollten sich die Bürger Oranienburgs selbst schützen, indem sie der Weitergabe ihrer Daten beim Bürgeramt widersprechen.“

Thomas Ney, Stadtverordneter der Piraten

Eine Übermittlung der Daten darf immer dann erfolgen, wenn die betroffene Person der Weitergabe nicht ausdrücklich widersprochen hat. Zu diesem Zweck bietet die Piratenpartei eine Postkarte an, mit der die Bürgerinnen und Bürger auf einfache Weise dem Einwohnermeldeamt ihren Sperrwunsch mitteilen können. Diese kann entweder über die Geschäftsstelle der Partei (Bötzower Platz 1, 16515 Oranienburg) bezogen oder über die Webseite heruntergeladen werden. Alternativ bietet die Partei einen Formulierungsvorschlag für einen Widerspruch auf ihrer Webseite an.

Grundsätzlich werbe die Partei aber für eine Umkehr des bestehenden Verfahrens:

„Die Sperrung von Daten sollte der Regelfall sein und Auskünfte nur erteilt werden, wenn der Bürger dies ausdrücklich wünscht.“

Thomas Ney, Stadtverordneter der Piraten

Mustertext für Widerspruchsschreiben:

An das
Einwohneramt der Stadt Oranienburg
Schlossplatz 1
16515 Oranienburg

[Ort, Datum]

Betreff: Widerspruch gegen die Datenweitergabe durch die Meldebehörde

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit widerspreche ich, [Vorname + Nachname], geboren am [Geburtsdatum], wohnhaft in der [Vollständige Anschrift],

  • gemäß §50 Abs. 1. BMG der Auskunftserteilung an Parteien, Wählergruppen und anderen Trägern von Wahlvorschlägen im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen auf staatlicher und kommunaler Ebene,
  • gemäß §50 Abs. 2 BMG der Auskunftserteilung an Mandatsträger, Presse oder Rundfunk über Alters- oder Ehejubiläen,
  • gemäß §50 Abs. 3 BMG der Auskunftserteilung an Adressbuchverlage zum Zwecke der Herausgabe von Adressbüchern,
  • gemäß §36 Abs. 2 BMG der Datenübermittlung zum Zwecke der Übersendung von Informationsmaterial der Bundeswehr,
  • gemäß §42 Abs. 3 BMG der Datenübermittlung an öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften, denen meine Familienangehörigen, nicht aber ich selbst, angehören,
  • sowie gemäß § 44 BMG jeglicher Erteilung von Melderegisterauszügen über meine Person zum Zwecke der Werbung und/oder des Adresshandels.
[Unzutreffendes bitte streichen!]

Bitte bestätigen Sie mir schriftlich den Eingang dieses Schreibens.

Mit freundlichen Grüßen

Oranienburg Holding: So kann es nicht bleiben.

Der Stadtverordnete Thomas Ney (Piraten) bei der Vorstellung des Abschlussberichtes

Nach 14 Monaten intensiver Arbeit hat der Untersuchungsausschuss zur Oranienburg Holding unter Vorsitz von Daniel Langhoff (FDP) und Thomas Ney (Piraten) am Donnerstag, den 13. Januar 2022 seinen Abschlussbericht vorgelegt. Auf insgesamt 44 Seiten dokumentiert der Ausschuss zahlreiche Fehler, Probleme und Rechtsverletzungen und gibt zugleich zehn Empfehlungen zur Optimierung des Holdingbetriebs und des Umgangs der Stadt mit kommunalen Unternehmen. Der Bericht wurde von der Stadtverordnetenversammlung zur Kenntnis genommen und die Handlungsempfehlungen mit einer großen Mehrheit und ohne Gegenstimmen gebilligt.

Für Irritationen und Erheiterung gleichermaßen sorgte lediglich die Stellungnahme des Bürgermeisters, in der dieser entgegen der Aussage des Berichtes feststellte, dass alles „mit rechten Dingen“ zugegangen und nicht „rumgekungelt“ worden sei und Transparenz schon bei der Holdinggründung ein besonderer Anspruch gewesen sei. Wie ernst der Bürgermeister es mit der Transparenz meint, lässt sich indes am Abschlussbericht ablesen, in dem er seinen Namen durch die Verwaltung schwärzen ließ. Auch die Bereitschaft zu notwendigen Veränderungen muss bezweifelt werden. Immerhin hatte der Bürgermeister bereits im Vorfeld eine Stellungnahme versendet, in der eine eigene, sehr exklusive Sicht auf die Vorgänge innerhalb der Holding deutlich wurde und in der den Handlungsempfehlungen des Ausschusses überwiegend widersprochen wurde.

Ungeachtet dessen werden wir Piraten uns dafür einsetzen, dass aus den Empfehlungen des Ausschusses zeitnah konkretes Handeln wird und die notwendigen Beschlüsse umgehend auf den Weg gebracht werden. Bei den anstehenden Veränderungen werden wir darauf achten, dass der Grundsatz der Transparenz und die Einflussmöglichkeiten der Stadtverordnetenversammlung gewahrt bleiben. Wenn es uns gelingen sollte, dies umzusetzen, war der Untersuchungsausschuss ein voller Erfolg, der dazu beitragen wird, den Ruf unserer Stadt zu verbessern und das Vertrauen unserer Bürger in die Politik zu stärken.

Der vollständige Abschlussbericht kann hier eingesehen werden:

Die Schwärzungen erfolgten durch die Stadtverwaltung in Rücksprache mit der Datenschutzbeauftragten, sofern persönliche Informationen enthalten waren und die Betroffenen einer Veröffentlichung nicht zugestimmt haben. Dies betrifft neben dem Bürgermeister auch den Geschäftsführer der Oranienburg Holding.

Die Untersuchungsergebnisse in Kürze:

Insgesamt stellte der Ausschuss fest, dass eine außerordentliche Kündigung des WOBA-Geschäftsführers, wie sie Holding-Geschäftsführer, Bürgermeister und Aufsichtsrat im April 2020 anstrebten, zwar rechtlich möglich, inhaltlich aber nicht gerechtfertigt war. Zwar ist das Vertrauensverhältnis zwischen dem Holding- und dem WOBA-Geschäftsführer nachhaltig gestört, im konkreten Fall hat letzterer aber korrekt gehandelt, indem er statt der von der Holding gewünschten Inhouse-Vergabe fördermittelkonform eine freihändige Vergabe am Markt vornahm. So ist eine Inhousevergabe von Aufträgen wegen zu hoher schädlicher Fremdumsätze derzeit nicht rechtssicher möglich.

Der Konflikt zwischen beiden Geschäftsführern offenbarte nach Auffassung des Ausschusses auch grundlegende Probleme in der rechtlichen Ausgestaltung der Holding. So werden bestehende Regelungen durch das komplizierte Vertragsgeflecht ausgehebelt und die dominante Stellung des Holding-Geschäftsführers zusätzlich verstärkt. Einflussmöglichkeiten der Stadtverordnetenversammlung sind nicht rechtswirksam in den Verträgen implementiert und Auskunftsrechte des Aufsichtsrates stark eingeschränkt.

Auch finanziell konnte die Holding die mit der Gründung verbundenen Erwartungen bisher nicht erfüllen. So werden die durch den steuerlichen Querverbund entstehenden Vorteile gegenwärtig nahezu vollständig durch die Eigenkosten der Holding, hier vor allem Personalkosten, aufgezehrt. Insbesondere die Vergütung des Holding-Geschäftsführers liegt hierbei weit über vergleichbaren kommunalen Unternehmen.

Die Holdinggründung selbst verlief nach Auffassung des Ausschusses intransparent, war von zahlreichen vergaberechtlichen Verstößen begleitet und führte im Ergebnis zu einer erheblichen Kostensteigerung. Die Stadtverordnetenversammlung ihrerseits versäumte eine wirksame Kontrolle und ließ der Verwaltung sowie dem sogenannten „Ältestenrat“ weitestgehend freie Hand. Das Auswahlverfahren zur Bestimmung des Geschäftsführers war nicht fair, sondern begünstigte von Anfang an den später erfolgreichen Bewerber, der seinerseits bereits mit der Holdinggründung beauftragt wurde.

Die Handlungsempfehlungen in Kürze:

  1. Erstellung eines Kodex mit Leitlinien guter Unternehmensführung
  2. Verschärfung der Compliance-Regeln für Auftragsvergaben durch die Verwaltung
  3. Professionalisierung der Bewerbungs- und Auswahlverfahren von Führungskräften und Orientierung am Gehaltskorridor vergleichbarer kommunaler Unternehmen
  4. Auflösung bestehender Doppelungen von Geschäftsführerposten (wie bspw. in der WOBA)
  5. Neuausschreibung auslaufender Geschäftsführerposten, Beginn des Verfahrens bereits Mitte 2022
  6. Genehmigungsvorbehalt für die Stadtverordnetenversammlung bei wichtigen Unternehmensentscheidungen
  7. Vereinheitlichung der bestehenden Vertragswerke
  8. Auskunftsrechte für Mitglieder des Aufsichtsrates gegenüber der Stadtverordnetenversammlung
  9. Regelmäßiges Monitoring schädlicher Fremdumsätze
  10. Externe Prüfung von Strukturveränderungen innerhalb der Holding, bis dahin keine Neueinstellungen von Führungspersonal; Bestandsgarantie für Tarifbeschäftigte auch im Falle einer Umorganisation

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