Stellenbesetzungsverfahren in der Holding: Aus alten Fehlern nichts gelernt?

Im vergangenen Jahr legte der Untersuchungsausschuss zur Oranienburg Holding seinen Abschlussbericht vor. Bemängelt wurde dort unter anderem, dass das Besetzungsverfahren für die Stelle des Holding-Geschäftsführers intransparent und insgesamt nicht fair verlaufen sei.

Nachdem die Stadtverordnetenversammlung von Oranienburg die vorzeitige Abberufung des bisherigen Holding-Geschäftsführers beschlossen hatte, laufen derzeit die Auswahlverfahren für dessen Nachfolge.

Fraglich ist jedoch, ob die vom Untersuchungsausschuss geforderten hohen Standards bei Stellenbesetzungsverfahren hierbei eingehalten werden können. Zwar hatten die Stadtverordneten diesmal ein externes Headhunter-Unternehmen mit der Betreuung des Verfahrens betraut. Ein Stellenbesetzungsgremium der Stadtverordnetenversammlung sollte an der Vorauswahl der Bewerber beteiligt werden.

Jenes Gremium setzt sich aus dem Bürgermeister, der Aufsichtsratsvorsitzenden , dem Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung sowie des Hauptausschusses sowie den Fraktionsvorsitzenden zusammen. Die restlichen Stadtverordneten bleiben außen vor. Sie dürfen – nach Angaben der Stadtverwaltung aus datenschutzrechtlichen Gründen – auch nicht von ihren Vertretern über die einzelnen Bewerbungen informiert werden. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass die Stadt selbst es mit ihren Regeln zum Datenschutz offenbar nicht allzu genau nahm und zwischenzeitlich versehentlich die Informationen über die Bewerber über das Ratssystem allen Stadtverordneten zur Verfügung gestellt hatte. Nachdem der Fehler in der Verwaltung aufgefallen war, wurden die Dokumente eilig wieder entfernt.

Der Stadtverordnete Thomas Ney zeigt sich unzufrieden mit dem bisherigen Ablauf des Verfahrens.

„Es ist unverständlich, warum die Verwaltung den Stadtverordneten nicht zumindest anonymisierte Informationen über die Bewerber zur Verfügung stellen kann, damit diese sich – ohne Kenntnis der konkreten Person – ein Bild vom Bewerberfeld machen können“, bemängelt Ney.

Ebenso unbefriedigend findet Ney, dass die Stadtverordneten gewissermaßen blind dem Urteil der jeweiligen Fraktionsvorsitzenden vertrauen müssten. Ähnlich hatte sich zuvor bereits Ralph Bujok, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei, geäußert. Dieser hatte einzelnen Fraktionen zudem eine Kungelei und Vorfestlegungen vorgeworfen.

So weit möchte der Pirat Thomas Ney zwar nicht gehen. „Das gegenwärtige Verfahren ist aber zumindest geeignet, Misstrauen in Bezug auf die Personalentscheidungen zu sähen. Der dringend nötige Neuanfang in den städtischen Unternehmen werde somit gefährdet“, findet Ney. Die Stadtverordneten hätten somit keine Möglichkeit zu prüfen, ob aus den rund 150 Bewerbungen wirklich die geeignetsten in die Vorauswahl der 20 Kandidaten kämen, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen würden. „Das ist zumindest unglücklich gelaufen und hier sollte dringend nachgebessert werden“, fordert Ney.

Korrektur: In einer vorherigen Version des Beitrags hieß es, über das Ratsinformationssystem seien Unterlagen nicht nur für Stadtverordnete, sondern auch für sachkundige Einwohner einsehbar gewesen. Tatsächlich ist uns aber kein Fall bekannt, in dem ein sachkundiger Einwohner die hinterlegten Dokumente tatsächich einsehen konnte.

Transparenz ist für die Stadt noch Neuland

Am 11. Februar 2021 tagte der Holding-Untersuchungsausschuss zum sechsten Mal. Im Fokus der Sitzung stand die Befragung des WOBA-Geschäftsführers Bernd Jarczewski. Dieser hatte sich intensiv auf seinen ersten öffentlichen Auftritt nach dem gescheiterten Kündigungsversuch im April 2020 vorbereitet. Nach einem halbstündigen Vortrag über das Erreichte der Wohnungsbaugesellschaft in den letzten 30 Jahren, ging Jarczewski ausführlich auf die gegen ihn von Seiten der Holding erhobenen Vorwürfe ein. Hierfür hatte er sich von der Stadtverwaltung unter anderem die ihn betreffenden Passagen aus den Protokollen der vergangenen Sitzung erbeten, um direkt auf einzelne Aussagen Bezug nehmen zu können. Hierbei handelte es sich teilweise um Äußerungen aus dem nicht öffentlichen Teil der Sitzung vom 1. Dezember 2020, weshalb sich der Holding-Geschäftsführer Assadi und der Aufsichtsratsvorsitzende Ralph Bujok gezwungen sahen, die Zulässigkeit der Aussagen Jarczewskis prüfen zu lassen. Bereits während der Sitzung kam die Frage auf, ob ein direktes Zitieren aus den nicht öffentlichen Sitzungsteilen zulässig sei. Da es sich aber einer ersten Prüfung nach nicht um geheimhaltungswürdige Informationen handelte, wurde dem weiteren Eingehen auf die zur Diskussion stehenden Sachverhalte – die größtenteils bereits bekannt waren – stattgegeben, sofern nicht wortwörtlich aus dem Protokoll zitiert werde. Der öffentliche Teil der Sitzung war dabei sowohl live, als auch später per Aufzeichnung im Internet zu verfolgen.

Am 17. Februar nahm die Stadt die Aufzeichnung jedoch ohne Vorankündigung vom Netz. Auf Anfrage teilte die Verwaltung mit, sie prüfe diese auf eine datenschutzrechtliche Relevanz. Stadtverordnete konnten über einen speziellen Link das Video weiterhin einsehen. Ebenso spontan, wie die Aufzeichnung verschwand, tauchte sie am Donnerstag wieder auf. Der neuerliche Kursschwenk der Stadtverwaltung – Veröffentlichung, Sperrung, Veröffentlichung – geht dabei wohl zurück auf eine Intervention des Stadtverordnetenvorstehers Dirk Blettermann, der mit Verweis auf den von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Antrag der Piraten, wonach die Aufzeichnung der Sitzungen zu veröffentlichen sind, eine unverzügliche Freischaltung des Videos gefordert hatte. Inzwischen teilte die Stadt mit, dass eine erste Prüfung keine Anhaltspunkte für ein Datenschutzvergehen ergeben habe. Das finale Ergebnis der Überprüfung stehe allerdings noch aus.

Das Agieren der Stadtverwaltung zeigt, dass sich Oranienburg mit dem Thema Transparenz noch schwertut. Dabei ist es eines der wichtigsten Anliegen des Untersuchungsausschusses, die Vorkommnisse, die zu seiner Einsetzung geführt haben, so transparent wie rechtlich möglich aufzuarbeiten und somit das Vertrauen in die städtischen Unternehmen, aber auch die Kommunalpolitik zurückzugewinnen. Vor diesem Hintergrund wäre eine Verbannung der Aufzeichnung in den Giftschrank ein verheerendes Signal gewesen. Die Piratenpartei Oranienburg begrüßt daher die Entscheidung der Stadt, die Aufzeichnung wieder einer breiten – und offenbar sehr interessierten – Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Befürchtung – vor allem von Kritikern des WOBA-Chefs – der unbedarfte Zuschauer könne ein falsches Bild der Vorkommnisse gewinnen, halten wir für unbegründet und vertrauen darauf, dass der mündige Bürger sich selbst eine eigene Meinung von den Ereignissen macht. Dies setzt aber voraus, dass dieser sich auch möglichst frei und vollumfänglich über alle Positionen und Sachverhalte informieren kann. Wenn das Vorgehen der Stadt also eines beweist, dann, dass Oranienburg nicht weniger, sondern mehr Transparenz benötigt. Dafür kämpfen wir!

Weihnachtsgrüße der Piraten Oranienburg

Ein turbulentes Jahr 2020 neigt sich langsam dem Ende zu. Zeit für uns, einen kurzen Blick zurück zu werfen. Das Thema des Jahres war sicher die Corona-Pandemie, die auch unsere Stadt fest im Griff hat. Bisher hat Oranienburg diese Krise aber ganz gut gemeistert – auch durch den beherzten Einsatz vieler Bürger. Dafür möchten wir allen danken, die beruflich, ehrenamtlich, in der Nachbarschaft oder im Kreis der Familie ihren Anteil daran hatten. Auf kommunalpolitischer Ebene wollen auch wir Piraten alles daransetzen, dass unsere Stadt bestmöglich durch diese Krise kommt. Gemeinsam werden wir auch diese Herausforderung meistern.

Aber auch politisch war das vergangene Jahr aufregend. Für uns eines der wichtigsten Themen waren die Ereignisse rund um die Oranienburg Holding, die mit dem gescheiterten Kündigungsversuch des WOBA-Geschäftsführers begann und letztlich in der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mündeten. Hier bringen wir Piraten uns mit aller Kraft ein, um die im Raum stehenden Vorwürfe möglichst transparent aufzuklären und unsere städtische Gesellschaft für die Zukunft besser aufzustellen. Der erste der drei Untersuchungskomplexe ist inzwischen weitgehend bearbeitet, sodass ein erster Zwischenbericht im 1. Quartal des neuen Jahres folgen wird. Bis zum Jahresende wollen wir dann nach Möglichkeit den Sonderausschuss abschließen.

Aber auch viele andere Themen haben Oranienburg im Jahr 2020 bewegt. Die zukunftssichere Aufstellung unserer Feuerwehr, die Entwicklung der Innenstadt, der Kampf um den Erhalt des Oranienburger Speichers oder die Diskussion um die Benennung einiger Straßen. Hier haben die Kommunalpolitik, aber auch die Stadt und ihr Bürgermeister leider nicht immer das beste Bild abgegeben. Hier müssen wir im kommenden Jahr auch besser werden, denn die Herausforderungen, die auf unser Oranienburg zukommen, werden auch in 2021 nicht weniger werden. Wir sind aber optimistisch, dass wir konstruktiver um Lösungen streiten und – gemeinsam mit den anderen Fraktionen – passende Antworten finden werden. Wir werden uns hierbei auch in Zukunft nach Kräften für ein transparentes, bürgernahes Oranienburg und eine kontinuierliche, innovative und nachhaltige Entwicklung unserer Stadt einsetzen.

Bis dahin wünschen wir Ihnen und Ihren Liebsten jedoch zunächst ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Bleiben Sie vor allem gesund!

Ihre Piraten Oranienburg

Kommunalaufsicht bestätigt: Derzeitiger Holding-Untersuchungsausschuss möglicherweise befangen

Kommunalaufsicht bestätigt: Derzeitiger Holding-Untersuchungsausschuss möglicherweise befangen
Die Kommunalaufsicht des Landkreises Oberhavel hat mit Schreiben vom 23.07.2020 festgestellt, dass die Mehrheit des derzeitigen Untersuchungsausschusses mit Verweis auf § 22 Absatz 1 BbgKVerf möglicherweise befangen sein könnte. Die Kommunalaufsicht teilt damit die Einschätzung der Piratenpartei, wonach ein Untersuchungsausschuss ausschließlich mit Personen besetzt werden sollte, die nicht zugleich Mitglieder des Holding-Aufsichtsrates seien.

Des Weiteren empfiehlt die Kommunalaufsicht die Einrichtung eines eigenen, temporären Ausschusses nach § 43 BbgKVerf und eine Festlegung des Untersuchungsauftrages durch die Stadtverordnetenversammlung. Einen solchen Antrag hatten FDP und Piraten bereits am 22.06.2020 in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht, wo dieser allerdings keine Mehrheit fand.

„Wir sehen uns durch die Einschätzung der Kommunalaufsicht gestärkt, und hoffen, dass die Stadtverordnetenversammlung zeitnah auf einer Sondersitzung einen neuen Beschluss fasst, der den Anforderungen der Brandenburger Kommunalverfassung gerecht wird“, so Thomas Ney, Stadtverordneter der Piratenpartei.

Kein „Untersuchungsausschüsschen“: Holding-Vorwürfen umfassend nachgehen!

Am Montag, den 27.07.2020 nimmt der Holding-Untersuchungsausschuss in der Orangerie seine Arbeit auf. Die vorläufige Tagesordnung sieht bisher vor allem die erneute Vorstellung des Jahres- und Fortschrittsberichts der Holding, sowie die Formulierung eines externen Prüfauftrages an eine Rechtsanwaltskanzlei vor.

Das ist der sprichwörtlich zweite Schritt vor dem ersten. So sehr man auch die hohe Erwartungshaltung verstehen kann, wonach der Ausschuss möglichst schnell handfeste Ergebnisse liefern soll: umso wichtiger ist es doch, dass dieser den Kern des Problems auch erreicht und sich nicht mit der Klärung einzelner Detailfragen begnügt.

An erster Stelle muss der Ausschuss daher klären, welche Punkte er überhaupt untersuchen will. Hierbei kann es nicht ausschließlich um juristische Fragen des Vergaberechts oder der rechtlichen Auslegung von Geschäftsordnungen gehen. Die Serie von Briefen der vergangenen Wochen und Monate hat gezeigt, dass es offenbar tieferliegende Probleme gibt, die es zu untersuchen gilt.

So steht die Frage im Raum, ob das Holding-Projekt sich insgesamt in die gewünschte Richtung entwickelt. Dies lässt sich nicht allein anhand von Geschäftszahlen beantworten. Als kommunales Unternehmen hat die Holding vielfältige Anforderungen zu erfüllen. Natürlich soll sie wirtschaftlich erfolgreich sein und unsere Stadt finanziell entlasten. Gleichzeitig trägt sie aber auch eine hohe Verantwortung in Bezug auf die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit. Zudem können die Bürger zurecht erwarten, dass die Holding und ihre Teilgesellschaften aktiv an der Entwicklung Oranienburgs mitwirken und ihre in vielerlei Hinsicht privilegierten Stellungen konsequent im Sinne unserer Stadt einsetzen. Dazu bedarf es auch eines Personalkonzepts, welches fähigen Mitarbeitern eine Perspektive bietet und sie somit langfristig an das Unternehmen bindet. All dies erfordert aber eine effektive politische Kontrolle der Holding und ihrer Teilgesellschaften, um sicherzustellen, dass diese ihrer besonderen Verantwortung jederzeit gerecht werden. Wo dies in der Vergangenheit möglicherweise nicht ausreichend gewährleistet war, muss auch dies aufgearbeitet und verbessert werden. All diese Aspekte gehören mit auf den Prüfstand. Deshalb wird unsere Fraktion die Aufnahme eines zusätzlichen Tagesordnungspunktes „Festlegung des Untersuchungsauftrages“ beantragen.

Angesichts der Fülle an Fragen ist es deshalb auch ungünstig, dass die Arbeit des Untersuchungsausschusses direkt mit einem Vortrag des Geschäftsführers beginnt, der sich im Wesentlichen aus bereits bekannten Zahlen zusammensetzen dürfte. Hier wurde bereits durch die SPD die Streichung der entsprechenden Tagesordnungspunkte beantragt.

Auch hinsichtlich der Formulierung von Prüfaufträgen für eine externe Untersuchung kann es sich bei der Sitzung am Montag lediglich um einen ersten Aufschlag handeln. Selbstverständlich muss der Untersuchungsausschuss die Möglichkeit haben, angesichts neuer Erkenntnisse den Fragenkatalog jederzeit zu erweitern. Sicherlich ist es wichtig, im Untersuchungsprozess auch juristische Fragen, etwa zum Thema Vergaberecht, klären zu lassen. Dies kann aber nur ein Punkt unter vielen – und nicht, wie bisher vorgesehen, der Schwerpunkt der Ausschussarbeit – sein. Wer es bei der juristischen Bewertung einiger Detailfragen bewenden lassen will, ist an einer echten Bestandsaufnahme nicht interessiert.

Für Spannung dürfte auch die personelle Zusammensetzung des Ausschusses sorgen. Entgegen des von den Piraten unterstützen Antrages auf einen eigenen Untersuchungsausschuss, hat sich die Stadtverordnetenversammlung lediglich für einen Unterausschuss zu Hauptausschuss entschieden. Dies bedeutet zugleich, dass dort zunächst die gleichen Personen teilnehmen werden, die auch im Hauptausschuss vertreten sind. Hierbei handelt es sich jedoch in vielen Fällen um Stadtverordnete, die zugleich im Aufsichtsrat der Oranienburg Holding sitzen. Aus Sicht der Piraten handelt es sich hierbei um einen klaren Interessenskonflikt, der nur schwer in Einklang mit dem Mitwirkungsverbot (§ 22 der Brandenburger Kommunalverfassung) zu bringen sein dürfte. Demnach sind Personen von Beratungen und Entscheidungen ausgeschlossen, die ihr selbst, einem Angehörigen oder einer von ihr vertretenen Gesellschaft einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen können. Dies dürfte hier gegeben sein und daran ändert es auch nichts, dass sich einzelne Mitglieder schon vorab selbst für unbefangen erklärt haben. Sollte die Kommunalaufsicht zu einer ähnlichen Einschätzung kommen, müsste die Zusammensetzung des Ausschusses, wenn nicht sogar dessen grundsätzlicher Charakter, noch einmal prinzipiell überdacht werden. Das hätte man auch einfacher haben können…

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