Eine Stadt, ein Tarif – Ganz Oranienburg muss in den C-Bereich der S-Bahn!

Die Piratenpartei Oranienburg setzt sich dafür ein, dass alle Ortsteile Oranienburgs in de C-Tarifbereich der Berliner S-Bahn aufgenommen werden. Einen entsprechenden Antrag für die Sitzungsfolge im Mai/Juni hat die gemeinsame Fraktion mit den Freien Wählern am Dienstag gestellt.

Mit dem Antrag wird der Bürgermeister aufgefordert, in Gespräche über die Aufnahme der Ortsteile Friedrichsthal, Malz und Zehlendorf mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) einzutreten. Sollte hierbei kein Durchbruch erzielt werden, wird eine separate Vereinbarung mit der Oberhavel Verkehrsgesellschaft angestrebt. Die Partei beruft sich dabei auf das 2019 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene Verkehrskonzept, welches einen entsprechenden Prüfauftrag empfohlen hatte.

Dazu Thomas Ney, Stadtverordneter der Piraten: „Es ist den Einwohnern der betroffenen Ortsteile nicht zu vermitteln, warum sie beim Ticketverkauf anders behandelt werden, als Bürger aus dem benachbarten Ortsteil – obwohl wir alle Oranienburger sind.“

Eine Einigung mit dem VBB sei aus Sicht der Piraten die bevorzugte Variante – auch wenn sich die Stadt hierbei ggf. finanziell beteiligen müsse. Sollte dies aber nicht möglich sein, so könne man nach Ansicht der Piraten auch mit der OHV über ein kostenloses Anschlussticket für die Ortsteile verhandeln, wenn Fahrgäste ein Ticket für den C-Bereich erwerben oder vorweisen können. Damit könnten die Linien der OVG auf den weniger frequentierten Abschnitten besser ausgelastet, die Ortsteile sowie die Kernstadt um Verkehr und Parkplatznutzung entlastet und letztlich der CO2-Ausstoß verringert und die Umwelt geschont werden.

Parkplatz oder Stadtpark? Weder noch!

In Oranienburg ist in der vergangenen Woche eine breite Diskussion über die künftige Nutzung der gegenwärtigen Freifläche in der Rungestraße entbrannt. Die Stadtverordnetenversammlung hatte im Zuge eines größeren Corona-Hilfspaketes – welches auch von uns Piraten mit erarbeitet wurde – im vergangenen Jahr beschlossen, die derzeitige Brachfläche zu beräumen und bis zu einer weiteren Entwicklung temporär als kostenfreie Parkfläche zu nutzen. Auf diese Weise soll zumindest zeitweilig die sich seit Jahren zuspitzende Parkplatzsituation in der Innenstadt entspannt und die Bernauer Straße von kreisendem, nach Parkplätzen suchendem Verkehr entlastet werden. Von den Einzelhändlern – die seit Jahren über den rückläufigen Parkraum klagen – wurde dies ausdrücklich begrüßt.

Kritiker – etwa von der Initiatve „Verkehrswende Oranienburg“ – befürchten nun, dass die Zwischennutzung als Parkplatz dazu führen könne, dass mehr Menschen für Fahrten in die Stadt auf das Auto umsteigen oder sich sogar deshalb ein neues Auto zulegen könnten. Sie plädieren dafür, die Fläche nicht für Wohn- und Geschäftsbebauung zu nutzen, sondern zu einem Stadtpark zu entwickeln, da dieser sich positiv auf das Klima in der Stadt auswirken würde.

Die Diskussion in den Sozialen Medien spitze sich daraufhin zunehmend auf eine Entscheidung zwischen Park oder Parkhaus zu. Aus Sicht der Piraten ist dies aber gar nicht erforderlich.

Klar ist: Die hochwertige, aber gegenwärtig ungenutzte Fläche in der Innenstadt stellt einen städtebaulichen Missstand dar, der zeitnah beseitigt werden muss. Ebenso klar ist, dass die Stadt einen wachsenden Bedarf nach zusätzlichem Wohnraum und hochwertigen Büro- und Geschäftsflächen hat. Die Fläche in der Rungestraße wäre dafür prädestiniert. Ebenso soll die seit längerem negative Innenstadtentwicklung durch künftige Nutzung der Fläche positiv beeinflusst und insbesondere belebende Effekte für den Einzelhandel in der angrenzenden Bernauer Straße erzielt werden.

Dies setzt aber voraus, dass die Innenstadt für unterschiedlichste Menschen gleichermaßen attraktiv ist. So muss die Innenstadt einerseits für Anwohner eine hohe Lebens- und für Besucher eine hohe Verweilqualität aufweisen, damit Menschen sich dort gerne aufhalten. Anderseits muss die Innenstadt auch für Einwohner aus den Ortsteilen oder angrenzender Ortschaften weiterhin ein attraktives – und das bedeutet leicht zu erreichendes – Zentrum sein. Weder für den Einzelhandel, noch für das Klima ist es jedenfalls förderlich, wenn Menschen lieber im 30km entfernten Berlin als vor Ort einkaufen.

Es wird deutlich, dass jeder Vorschlag, der nur eine dieser beiden Perspektiven in den Blick nimmt, den Anforderungen der Stadt nicht gerecht wird. Dabei erscheint ein für alle Seiten annehmbarer Kompromiss durchaus möglich. Wir wollen deshalb unsere Vorstellungen im Folgenden kurz skizzieren.

Die Fläche in der Rungestraße wird entwickelt. Wir plädieren an dieser Stelle nicht für eine geschlossene Bebauung, sondern für eine aufgelockerte Bauweise mit begrüntem, für die Öffentlichkeit über die Bernauer Straße zugänglichen Innenhof. Hier könnte auch ein Wochenmarkt – der derzeit auf der beengten Bernauer Straße stattfindet, Platz finden. In dem zu errichtenden Bau selbst sollen neben Wohnungen auch Büros, Arztpraxen und Einzelhändler Platz finden. Selbstverständlich benötigt eine solche Fläche dann auch ausreichend Parkraum – ob als unterirdisches Parkdeck oder als zurückgesetztes Parkhaus, ist dabei offen. In jedem Fall kann so über die Sachsenhausener Straße und das Mühlenfeld Verkehr von der Bernauer Straße zwischen Stralsunder und Lehnitzstraße abgeführt werden. Ökologische Aspekte sind bei der Entwicklung des Quartiers in Form zusätzlicher Grünflächen zu berücksichtigen, das Gebäude mit Photovoltaikanlagen auszurüsten und die Flächenversiegelung möglichst gering zu halten. Aber auch andere Bereiche in der Innenstadt sollten durch zusätzliche Anpflanzungen aufgewertet und notwendige Baumfällungen in örtlicher Nähe ersetzt werden. Einen entsprechenden Antrag wird unsere Fraktion in die laufenden Haushaltsverhandlungen einbringen. Hinsichtlich der Frage nach der Reduzierung des innerstädtischen Verkehrs führt aus unserer Sicht kein Weg an einer Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Personennahverkehrs vorbei. Dies bedeutet zuallererst, dass auch die gegenwärtig noch fehlenden Ortsteile in den C-Bereich der S-Bahn aufgenommen werden. Auch diesbezüglich werden wir einen entsprechenden Antrag in die kommende Sitzungsfolge einbringen. Perspektivisch werden wir uns auch dem Thema Stadtbuslinie noch einmal annehmen müssen. Aber auch verbesserte Bedingungen für den Radverkehr die geräusch- und schadstoffärmere E-Mobilität gehören für uns zu einem ganzheitlichen Ansatz dazu. Deshalb müssen entsprechende Lademöglichkeiten bei der Entwicklung dieser Fläche – wie auch an anderen Orten in der Stadt – konsequent mitgedacht werden. Hier zeigt unser konsequentes Nachhaken im Werksausschuss erste Erfolge, aber auch hier muss sich noch mehr bewegen.

Eine für die gesamte Stadt förderliche Entwicklung führt jedenfalls nicht an einem Kompromiss vorbei. Wer in der Diskussion um die Entwicklung der Rungestraße nicht bereit ist, von seinen Maximalforderungen abzuweichen, riskiert nur einen jahrelangen Stillstand, der am Ende Niemandem zugutekommt.

Transparenz ist für die Stadt noch Neuland

Am 11. Februar 2021 tagte der Holding-Untersuchungsausschuss zum sechsten Mal. Im Fokus der Sitzung stand die Befragung des WOBA-Geschäftsführers Bernd Jarczewski. Dieser hatte sich intensiv auf seinen ersten öffentlichen Auftritt nach dem gescheiterten Kündigungsversuch im April 2020 vorbereitet. Nach einem halbstündigen Vortrag über das Erreichte der Wohnungsbaugesellschaft in den letzten 30 Jahren, ging Jarczewski ausführlich auf die gegen ihn von Seiten der Holding erhobenen Vorwürfe ein. Hierfür hatte er sich von der Stadtverwaltung unter anderem die ihn betreffenden Passagen aus den Protokollen der vergangenen Sitzung erbeten, um direkt auf einzelne Aussagen Bezug nehmen zu können. Hierbei handelte es sich teilweise um Äußerungen aus dem nicht öffentlichen Teil der Sitzung vom 1. Dezember 2020, weshalb sich der Holding-Geschäftsführer Assadi und der Aufsichtsratsvorsitzende Ralph Bujok gezwungen sahen, die Zulässigkeit der Aussagen Jarczewskis prüfen zu lassen. Bereits während der Sitzung kam die Frage auf, ob ein direktes Zitieren aus den nicht öffentlichen Sitzungsteilen zulässig sei. Da es sich aber einer ersten Prüfung nach nicht um geheimhaltungswürdige Informationen handelte, wurde dem weiteren Eingehen auf die zur Diskussion stehenden Sachverhalte – die größtenteils bereits bekannt waren – stattgegeben, sofern nicht wortwörtlich aus dem Protokoll zitiert werde. Der öffentliche Teil der Sitzung war dabei sowohl live, als auch später per Aufzeichnung im Internet zu verfolgen.

Am 17. Februar nahm die Stadt die Aufzeichnung jedoch ohne Vorankündigung vom Netz. Auf Anfrage teilte die Verwaltung mit, sie prüfe diese auf eine datenschutzrechtliche Relevanz. Stadtverordnete konnten über einen speziellen Link das Video weiterhin einsehen. Ebenso spontan, wie die Aufzeichnung verschwand, tauchte sie am Donnerstag wieder auf. Der neuerliche Kursschwenk der Stadtverwaltung – Veröffentlichung, Sperrung, Veröffentlichung – geht dabei wohl zurück auf eine Intervention des Stadtverordnetenvorstehers Dirk Blettermann, der mit Verweis auf den von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Antrag der Piraten, wonach die Aufzeichnung der Sitzungen zu veröffentlichen sind, eine unverzügliche Freischaltung des Videos gefordert hatte. Inzwischen teilte die Stadt mit, dass eine erste Prüfung keine Anhaltspunkte für ein Datenschutzvergehen ergeben habe. Das finale Ergebnis der Überprüfung stehe allerdings noch aus.

Das Agieren der Stadtverwaltung zeigt, dass sich Oranienburg mit dem Thema Transparenz noch schwertut. Dabei ist es eines der wichtigsten Anliegen des Untersuchungsausschusses, die Vorkommnisse, die zu seiner Einsetzung geführt haben, so transparent wie rechtlich möglich aufzuarbeiten und somit das Vertrauen in die städtischen Unternehmen, aber auch die Kommunalpolitik zurückzugewinnen. Vor diesem Hintergrund wäre eine Verbannung der Aufzeichnung in den Giftschrank ein verheerendes Signal gewesen. Die Piratenpartei Oranienburg begrüßt daher die Entscheidung der Stadt, die Aufzeichnung wieder einer breiten – und offenbar sehr interessierten – Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Befürchtung – vor allem von Kritikern des WOBA-Chefs – der unbedarfte Zuschauer könne ein falsches Bild der Vorkommnisse gewinnen, halten wir für unbegründet und vertrauen darauf, dass der mündige Bürger sich selbst eine eigene Meinung von den Ereignissen macht. Dies setzt aber voraus, dass dieser sich auch möglichst frei und vollumfänglich über alle Positionen und Sachverhalte informieren kann. Wenn das Vorgehen der Stadt also eines beweist, dann, dass Oranienburg nicht weniger, sondern mehr Transparenz benötigt. Dafür kämpfen wir!

Große Show auf neuer Bühne – Bericht und Nachbetrachtungen zur SVV vom 26.10.2020

Am 26. Oktober tagte die Stadtverordnetenversammlung von Oranienburg unter Corona-erschwerten Bedingungen erstmalig mit parallelem Livestream im Internet. Dieser wurde auf Antrag der Piraten im vergangenen Dezember beschlossen. Stadtverordnetenvorsteher Dirk Blettermann war in seiner Rolle nicht zu beneiden. Zum einen hatte die Sitzungsleitung Corona-bedingte neue Hygieneregeln inklusive regelmäßiger Lüftungspausen durchzusetzen. Zum anderen schienen einzelne Stadtverordnete durch das größere Publikum im Internet in zusätzliche Diskussionslaune versetzt worden zu sein. Nachdem nach gut eineinhalb Stunden Diskussion noch immer kein Beschluss gefasst worden war, glaubte wohl niemand mehr daran, die gesamte Tagesordnung abarbeiten zu können. Dass dies am Ende doch fast – bis auf den nicht-öffentlichen Teil – geschafft wurde, ist zum einen den konsequenten Ermahnungen des Vorsitzenden, wohl aber auch der zunehmenden Ermüdung der Teilnehmer zu verdanken.

Dabei enthielt die ursprünglich 25 Punkte umfassende Tagesordnung auf den ersten Blick kaum strittige Beschlussvorlagen. Allerdings hatten viele Stadtverordnete Fragen an den Bürgermeister, nachdem dieser bekannt gegeben hatte, dass sowohl der Weihnachtsmarkt der Stadt, als auch der alternativ geplante Adventspaziergang in Folge der gestiegenen Corona-Infektionszahlen abgesagt werden müsse. So zeigte sich der SPD-Stadtverordnete Björn Lüttmann irritiert, dass gleichzeitig ein bis in den Sitzungssaal hörbarer Rummel in der Stadt stattfinde und zuvor noch ein Food Fest auf dem Schlossvorplatz stattgefunden habe. Enrico Geissler (Die Linke) merkte an, dass die stadteigene SOG zudem vermeintlich als Veranstalter eines eigenen Weihnachtsmarktes auftrete. Sozialdezernentin Stefanie Rose begründete dies damit, dass die Stadt hier lediglich als Vermieter der Flächen auftrete und die jeweiligen Veranstalter eine Genehmigung des Gesundheitsamtes aufweisen könnten. Zum von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Corona-Hilfspaket führte die Sozialdezernentin den aktuellen Sachstand aus. So soll der Nothilfefond künftig im Rahmen der Zuwendungsrichtlinie ausgezahlt werden. Eine Unterstützung von Einzelpersonen sei rechtlich jedoch nicht möglich. Positiv hingegen: Über die Erstattung von Sondernutzungsgebühren wurden die Einzelhändler in Oranienburg bisher um über 25.000 Euro entlastet. Ebenso debattiert wurde über die Anbringung einer Gedenktafel an der ehemaligen Stasi-Kreisdienststelle in Oranienburg. Angesichts zu erwartender Verzögerungen beim Druck sowie der Corona-Pandemie gab der Bürgermeister bekannt, möglicherweise auf eine feierliche Enthüllung am Jahrestag des Mauerfalls zu verzichten. Der Vorschlag der AfD, stattdessen zumindest eine provisorische, laminierte Tafel zu enthüllen, wurde von den anderen Stadtverordneten als unangemessen empfunden.

Für unerwarteten Diskussionsbedarf sorgte auch der Zwischenbericht des Untersuchungsausschusses, der auf Antrag der Linken zu jeder Sitzung der SVV vorzulegen ist. Nachdem der Ausschussvorsitzende Daniel Langhoff (FDP) diesen verlesen hatte, ergaben sich vor allem bei Linksfraktion und CDU Nachfragen. Für die Linksfraktion bemängelte Enrico Geissler, dass durch die Wiedergabe wesentlicher Gesprächsinhalte der Befragung der ehemaligen technischen Leiterin der WOBA – Frau Marianne Kordecki – der Eindruck erweckt werde, der Untersuchungsausschuss habe deren Aussagen bereits als Tatsachen festgestellt. Dem entgegnete Thomas Ney (Piraten), dass bisher nur ein Gespräch stattgefunden habe, dem weitere folgen würden, weshalb der Bericht nur eine Wiedergabe der bisher getroffenen Aussagen, aber keineswegs ein abschließendes Fazit darstelle. Zugleich kritisierte der Fraktionsvorsitzende der Linken und Aufsichtsratsvorsitzende Ralph Bujok, dass im Bericht vermerkt werde, dass wesentliche Fragen noch nicht abschließend geklärt seien, was wiederum Aufgabe des Ausschusses sei. Zudem beanstandete er, dass ihm und dem Aufsichtsrat seitens der Stadt nicht vorab Auszüge aus dem Wortprotokoll bzw. der Tonaufzeichnung aus dem Untersuchungsausschuss bereitgestellt würden. Für die CDU-Fraktion wollte Christian Howe wissen, ob auch Gespräche mit anderen Personen der mittleren Leitungsebene städtischer Gesellschaften angedacht seien. Als die Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses angaben, bereits Vorgespräche mit den Stadtwerken geführt zu haben, zeigte sich Ralph Bujok hingegen irritiert, warum der Aufsichtsrat über derartige „Untersuchungen“ nicht vorab in Kenntnis gesetzt worden sei. Zeitweilig entbrannte ein hitziges Wortgefecht zwischen ihm und dem Ausschussvorsitzenden Langhoff, der sich zunächst weigerte, Fragen der Linksfraktion zu beantworten – was diese zum Teil lautstark kommentierte. Auch zwischen dem Mitglied des Untersuchungsausschusses Jörg Roitsch (Grüne) und Bujok kam es zu Unstimmigkeiten, nachdem erstgenannter die Arbeit der Ausschussvorsitzenden zunächst gelobt hatte und dann klarstellte, dass es nicht Aufgabe des Untersuchungsausschusses sei, dem Aufsichtsrat zuzuarbeiten. Bujok hingegen betonte, dass einzelne Aussagen im Untersuchungsausschuss auch im Kreis des Aufsichtsrates angesprochen werden müssten, etwa wenn diese möglicherweise geschäftsschädigend seien. Anerkennende Worte fand auch Björn Lüttmann (SPD) und erinnerte zugleich daran, dass der Ausschuss insgesamt noch Neuland betrete und bisher auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen könne. Die Auswertung der eigenen Arbeitsweise solle daher besser im Ausschuss selbst, als in der Stadtverordnetenversammlung stattfinden. Dem pflichteten auch Langhoff und der stellvertretende Ausschussvorsitzende Thomas Ney bei. Beide erinnerten noch einmal daran, dass alle Fraktionen im Ausschuss vertreten seien und diesen daher auch mitgestalten müssten, da der Ausschuss – anders als die anderen – seine Tagesordnung selbst bestimme. Sicherlich wird es hierzu in der nächsten Sitzung des Untersuchungsausschusses am 3. November noch Gesprächsbedarf geben. Es bleibt zu hoffen, dass sich alle Fraktionen der Bedeutung ihrer Aufgabe bewusst sind, weiterhin konstruktiv im Ausschuss zusammenarbeiten und diesen nicht nur als geeigneten Anlass für verbale Schlagabtausche in der Stadtverordnetenversammlung verstehen. Auf diese Weise dürfte das Vertrauen der Zuschauer im Internet jedenfalls nicht gestärkt werden.

Nachdem die intensiven Diskussionen zunächst abgeschlossen waren, konnte man sich endlich den Beschlussfassungen zuwenden. Ein Antrag der AfD auf eine durchgehende Öffnung der Birkenallee für den Autoverkehr fand keine Mehrheit, da die Stadtverordneten fürchteten, das Problem des Durchgangsverkehrs hiermit nur zu verlagern. Vielmehr solle die Verkehrssituation im gesamten Kontext betrachtet werden. Ein Antrag der CDU, die Verwaltung mit der Vorlage eines Entwurfes für eine neue Baumschutzsatzung zu beauftragen, wurde in die Ausschüsse zurückverwiesen, damit man sich zunächst über die gemeinsamen Ziele verständigen könne. Beschlossen hingegen wurde die neue Satzung für den Bürgerhaushalt, die neben einer Abschaffung der Altersbeschränkung auch mehrere Änderungsvorschläge der Piraten enthält. So wird die Höhe des Bürgerhaushaltes künftig an die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der Stadt gekoppelt. Zudem dürfen einzelne Projekte jetzt bis zu einem Viertel des Budgets (rund 27.000) statt bisher maximal 20.000 kosten. Auch geringfügige Folgekosten sind künftig möglich, wenn diese sich innerhalb des Kostenrahmens des Vorschlages bewegen. Unterschiedliche Auffassungen zwischen einzelnen Ortsvertretern bestand bezüglich eines Prüfauftrages zur Wasserver- und -entsorgung. So zeigte sich auch Bürgermeister Alexander Laesicke (parteilos) zunächst beeindruckt vom Vortrag der Fraktionsvorsitzende der FWO/Piraten, Antje Wendt, welche die vielfältigen Hürden bei einem möglichen Verbandswechsel ansprach. Etwas ratlos fragte der Bürgermeister, ob er die Vorlage lieber zurückziehen solle. Nachdem aber andere Ortsbeiräte sich für den Antrag ausgesprochen hatten, wurde dieser aber doch zur Abstimmung gestellt und fand eine breite Mehrheit. Vertagt wurden jedoch die Anträge auf Entlastung der Bürgermeister Laesicke (junior und senior) für das Haushaltsjahr und den Gesamtabschluss 2018. Mit Verweis auf den laufenden Untersuchungsausschuss und ein vorliegendes Gutachten des Rechnungsprüfungsamtes, welches Unzulänglichkeiten bei der Holding-Gründung festgestellt habe, bat Thomas Ney (Piraten) darum, lediglich eine Teilentlastung auszusprechen. Ob dies rechtlich möglich ist, soll vor einer Entscheidung jedoch zunächst überprüft werden. Eine erste Einschätzung des Rechtsamtes war zuvor nicht allen Stadtverordneten zur Verfügung gestellt worden, weshalb diese sich mehrheitlich nicht in der Lage sahen, noch in dieser Sitzung einen Beschluss zu fällen. Den letzten kontroversen Tagesordnungspunkt bildeten die Pläne für einen Erhalt der Friedrich-Wolf-Gedenkstätte in Lehnitz. Während die Stadt vorgeschlagen hatte, diese künftig über einen Zuwendungsvertrag in Höhe einer halben Personalstelle finanziell zu unterstützen, hatte die Fraktion FWO/Piraten kurzfristig beantragt, stattdessen eine allgemeine Stelle eines „Kulturmanagers“ bei der städtischen TKO gGmbH zu schaffen, der nicht nur der Friedrich-Wolf-Gesellschaft, sondern allen kulturellen Einrichtungen der Stadt gleichermaßen als Ansprechpartner zur Seite stehe. Thomas Ney begründete dies zum einen mit einer erforderlichen Gleichbehandlung aller Vereine und Initiativen, zum anderen mit der üblichen Verfahrensweise, wonach der Fördermittelempfänger zunächst ein eigenes Konzept vorzulegen habe, statt dieses durch die Stadt erarbeiten zu lassen. Mit 14 zu 18 Stimmen bei drei Enthaltungen fand dieser Antrag jedoch keine Mehrheit. Gegen die Beschlussvorlage der Stadt sprach sich auch der CDU-Stadtverordnete Michael Ney aus, der darauf hinwies, dass die Stadt gar nicht für die Friedrich-Wolf-Gedenkstätte zuständig sei, da die Kulturhoheit vielmehr beim Land liege. Angesichts der noch nicht abzusehenden wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise gäbe es zudem keine zusätzlichen Gelder zu verteilen. Dennoch fand der Antrag der Verwaltung am Ende eine Mehrheit. Die restlichen Beschlüsse (v. A. Beschlüsse zu Bebauungsplänen) gaben keinen Anlass zu Diskussionen mehr und wurden mit großer Mehrheit angenommen. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr begonnen werden konnte jedoch der nicht-öffentliche Teil.

Im Ergebnis der Sitzung bleibt festzustellen, dass Entscheidungen angesichts der heterogeneren Stadtverordnetenversammlung auch intensivere Diskussionen nach sich ziehen. Ob diese immer zielführend sind, mag jeder Zuschauer – ob im Sitzungssaal oder neuerdings im Internet – für sich selbst entscheiden. Nicht auszuschließen ist, dass einzelne Stadtverordnete das breitere Publikum als zusätzliche Bühne für parteipolitische Auseinandersetzungen verstehen. So war an diesem Abend der Vorwurf, einzelne Fraktionen befänden sich bereits in einem vorgezogenen Wahlkampf, häufiger zu vernehmen. Ob dies eine geeignete Werbung für die Kommunalpolitik insgesamt ist, darf zumindest bezweifelt werden. Bisher überwiegend positiv kommentiert wurde hingegen die Möglichkeit, der SVV jetzt auch bequem von Zuhause verfolgen zu können. Somit bleibt am Ende zumindest ein kleiner Erfolg. Wer die Sitzung noch einmal nachsehen möchte, findet die Aufzeichnung demnächst auf der Webseite der Stadt.

Nachtrag: Wie die Stadtverwaltung am Nachmittag mitteilte, wurde der Livestream der SVV-Sitzung gut angenommen. Zwischen 50 und 70 Zuschauer, in der Spitze über 100, verfolgten die gestrige Sitzung via Internet.

Kommunalaufsicht bestätigt: Derzeitiger Holding-Untersuchungsausschuss möglicherweise befangen

Kommunalaufsicht bestätigt: Derzeitiger Holding-Untersuchungsausschuss möglicherweise befangen
Die Kommunalaufsicht des Landkreises Oberhavel hat mit Schreiben vom 23.07.2020 festgestellt, dass die Mehrheit des derzeitigen Untersuchungsausschusses mit Verweis auf § 22 Absatz 1 BbgKVerf möglicherweise befangen sein könnte. Die Kommunalaufsicht teilt damit die Einschätzung der Piratenpartei, wonach ein Untersuchungsausschuss ausschließlich mit Personen besetzt werden sollte, die nicht zugleich Mitglieder des Holding-Aufsichtsrates seien.

Des Weiteren empfiehlt die Kommunalaufsicht die Einrichtung eines eigenen, temporären Ausschusses nach § 43 BbgKVerf und eine Festlegung des Untersuchungsauftrages durch die Stadtverordnetenversammlung. Einen solchen Antrag hatten FDP und Piraten bereits am 22.06.2020 in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht, wo dieser allerdings keine Mehrheit fand.

„Wir sehen uns durch die Einschätzung der Kommunalaufsicht gestärkt, und hoffen, dass die Stadtverordnetenversammlung zeitnah auf einer Sondersitzung einen neuen Beschluss fasst, der den Anforderungen der Brandenburger Kommunalverfassung gerecht wird“, so Thomas Ney, Stadtverordneter der Piratenpartei.

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